Karlsruher Pyramide spurlos verschwunden - ein Zeitungsbericht von Roksana Sandra Caglar

SZ

In der Nacht von Sonntag auf Montag, 30. Mai 2022, ist die Karlsruher Pyramide, eines der wichtigsten Wahrzeichen der Fächerstadt, von ihrem Standort am Marktplatz entwendet worden. Die Polizei hatte den Bereich rund um die Pyramide bereits in den ersten Morgenstunden weiträumig abgesperrt, um mögliche Spuren zu sichern und die unter der Pyramide liegende Gruft und damit das Grabmal des Großherzogs zu schützen. Nach Angaben des Pressesprechers der Polizei, Dieter Werner, konnten am Tatort allerdings noch keine Beweise gesichert werden. Festgestellt wurde aber mit großem Erstaunen, dass die Täter*innen mit großer Sorgfalt vorgegangen sind und keinerlei Schäden verursacht haben. Nach Zeugenaussagen der Bewohner*innen nächstgelegener Gebäude waren in dieser Nacht auch keine ungewöhnlichen Aktivitäten festgestellt worden und auch sonst war die Nacht eher ruhig. Die Polizei rätselt nun, wie ein solches Entwenden überhaupt möglich sein soll, ohne dass es Augenzeugen der Tat gibt. Zudem stellt sich die Frage, wo die Täter*innen die Pyramide unbemerkt verstecken konnten bzw. untergebracht haben.
Auch die Bürger*innen der Stadt zeigten sich, auf Nachfrage der Redaktion, am Montagmorgen schockiert über das unerklärliche Verschwinden.

Hannelore Walters (60 Jahre alt, auf dem Weg zur Arbeit) zeigt sich schockiert: „Wie kann sowas denn überhaupt passieren? Die ganze Pyramide einfach so weg und keiner hat etwas mitbekommen, das kann doch gar nicht sein! Dafür braucht man doch einen Kran und schweres Werkzeug, da muss irgendjemand was gehört haben!“.

Auch Peter Heckert (30 Jahre alt, auf dem Weg in die Stadt): „Wirklich unbegreiflich, wie das passieren konnte. Möglicherweise ist es aber auch ein Protest gegen die Neugestaltung des Marktplatzes. Ich denke viele Menschen hatten sich davon mehr erhofft als nur einen komplett versiegelten Platz mit einem kleinen Wasserspiel. Das nun auch noch verkeimt ist! Man hatte sich Bäume und mehr Grün für die Verbesserung des Klimas in der Innenstadt gewünscht. Das Wahrzeichen des Marktplatzes zu klauen, wäre da schon ein starkes Statement.“.

Der Karlsruher Markplatz wurde erst am 20. Oktober 2020 nach langer Bauzeit wieder eröffnet und dabei im Zuge der Kombilösung neugestaltet. In dieses Projekt sind viele Steuergelder geflossen und somit ist das Projekt auch eine Herzensangelegenheit für viele Bürger*innen gewesen. Die Pyramide selbst war dabei von 2013 bis 2018 von einer Holzverschalung umgeben, um diese von Verschmutzungen und Beschädigungen durch die Baustelle zu schützen. Fünf Jahre lang musste die Stadt ohne ihr Wahrzeichen auskommen. Eine lange Zeit für viele Karlsruher Bürger*innen. Das plötzliche Verschwinden trifft die Karlsruher schwer, denn die Pyramide ist nicht nur ein Wahrzeichen, sondern trägt eine große geschichtliche Bedeutung für die Stadt. Am heutigen Standort stand vorher, von 1722 bis 1807, die Konkordienkirche, die als erste und zentrale Kirche der Stadt galt. In deren Gruft waren am 12. Mai 1738 die Überreste des Karlsruher Stadtgründer Markgraf Karl III. Wilhelm von Baden-Durlach begraben worden. Nach den Plänen des badischen Baumeisters und Städtebauers des Klassizismus Friedrich Weinbrenner musste die Konkordienkirche allerdings weichen, um Platz für die Stadterweiterung zu machen. Der Marktplatz sollte dabei ein Gegengewicht zum Adelssitz im Karlsruher Schloss bilden und der Höhepunkt des städtebaulichen Ensembles der Via Triumphalis sein. Über die Gruft wurde zunächst eine Holzpyramide gebaut und erst einige Jahre später die endgültige Sandsteinpyramide errichtet. Seit ihrer Errichtung wurde die Pyramide erst drei mal betreten. Das erste Mal im Jahr 1889, als ein Standort für das Kaiser Wilhelm I.- Denkmal gesucht wurde und ein Versetzen der Pyramide in Betracht gezogen wurde. Ein zweites Mal 1998, um die Pyramide für die Nachbildung für das Stadtmuseum auszumessen und 2003 im Zuge der Vermessung und der Dokumentation möglicher Bauschäden durch die Baustelle der Kombilösung. Dabei muss jedes Betreten der Pyramide durch das Haus Baden genehmigt werden und das, obwohl die Rechte an der Pyramide im Jahre 1940 an die Stadt übergangen sind.

Die Polizei bestätigte nach Anfragen, dass es sich bei dem Raub nur um den oberen Teil der Pyramide handelte und die Gruft noch vollständig intakt und nicht geöffnet worden sei. Das Motiv und der Tathergang sind zum jetziges Zeitpunkt allerdings noch vollkommen unklar. Über die Motive lässt sich auch nur spekulieren. Bis jetzt haben sich die Täter*innen allerdings noch nicht mir der Politei in Verbindung gesetzt oder Forderungen für die Rückgabe gestellt. Das Gebiet rund um den Marktplatz soll zu Zwecken der Spurensicherung vorerst gemieden werden. Die Behörden haben hierzu den Bereich zwischen Hebelstraße, Lammstraße, Kaiserstraße und Pfarrer-Löw- Straße weiträumig gesperrt. Zudem ist der Ausstieg aus der U-Bahn nur noch im Bereich Herrenstraße möglich, alle weiteren Zugänge wurden ebenfalls gesperrt.

Aufgrund der unklaren Lage bittet die Polizei bittet um Hinweise aus der Bevölkerung. Hinweise können persönlich vorgebracht werden im Polizeipräsidium Marktplatz (Karl-Friedrich-Straße 15, 76133 Karlsruhe) sowie anonym unter 0721 6663311 oder pyramide-raub does-not-exist.polizei-ka de.